29 Januar 2012

Wasserfall von Ouzoud

Nun hat mich mein Weg 4.000 Kilometer weit von München bis zu den Wasserfällen von Ouzoud, nicht weit von Marrakesch geführt. Meine gesammelten Betrachtungen mit Bildern versuchen, diese wunderbare Welt aus abstoßender Armut und lasterhaftem Luxus zu verstehen.

Zahllose Menschen in Europa haben sich mit den Revolutionen von 1789, 1848, 1918 bis zur Revolte der 68iger von religiösen Zwängen, feudalistischer Willkürherrschaft und von sexueller Zwangsmoral weitgehend befreit und befreien sich noch. Ohne Kampf gegen die willkürliche Allmacht von Königen, Fürsten und adlige Fronherrn, diese böse Brut feudalistischer Unterdrücker und Ausbeuter, würden die Menschen in den Fabriken noch mit Peitschen statt mit der Stechuhr angetrieben. Die jungen Mädchen müssten sich vor der Hochzeit noch vom sabernden Gutsherrn mit dessen Recht auf die Erste Nacht bespringen lassen.

Bei meinen ersten Fahrten durch den Iran 1976, 1977 und 1978 war der Shah von Persien noch an der Macht. Teheran war geteilt in eine Oberstadt aus gleißendem, europäisch-asiatischem Luxus und in eine Unterstadt aus lausigen Lehmhütten. Wer im Mittelalter der Lehmhütten lebte, fraß mit der rechten Hand aus verbeulten Blechnäpfen magere Mahlzeiten. Die Reichen vergnügten sich in den Marmorpalästen der Oberstadt mit allen Annehmlichkeiten westlicher Technologie und asiatischem protzenden Pomp. Diese Gegensätze ließen sich nicht mehr verbinden. Eine religiös sich gebende Revolution brachte die neuen Herrscher an die Macht.

Klaus, der vor 20 Jahren Lybien bereist hatte, lobte lange Ghaddafi als den Herrscher, der sein Volk am Ölreichtum teilhaben ließe und dafür geliebt würde. Ghaddafi, der Shah von Persien, Mubarak von Ägypten sind mittlerweile nicht mehr. Auch der Shah von Persien wollte seinen Platz auf dem Pfauenthron sichern. Dazu sollte sich auch die persische Mittelschicht schnellstmöglich bereichern. Doch wenn Menschen, keinen Aufstieg, keine besseren Lebensverhältnisse mehr abwarten oder erhoffen können, revoltieren sie. Was dabei herauskommt, zeigt die nächste Geschichte. Aber Fortschritt ohne Revolte scheint es kaum zu geben.



Die Supermarktkette Marjane bietet alles, was die kapitalistische Produktion an Schrott und Segnungen vermarktet.

Reichtum verschafft Freiheit, in unserem Beispiel Reisefreiheit. Wer sich bei zwei, drei Grad Celsius morgens in Fes oder Khenifra in seinem Bretterverschlag aus verschmutzen Decken in seine kalten, löchrigen Lumpen schält, muss erstmal hoffen, dass die Sonne die kalten Knochen aufheizt.



Wer bei Marjane vorfährt, kann sich Alkoholika aufladen, soweit das Geld reicht.



Bei bald 1700 Meter Höhe stehen wir in Irfane im Schnee. Der König und mächtige Millionäre fliehen vor der Sonnenglut in die Sommerfrische. Das schmucke Städtchen ist durch den nahen Flughafen angebunden.


In Mitri hat mich ein Schild - trotz Warnungen des Navis - auf den falschen Weg verwiesen. Nach 11 Kilometer schlechter Straße war in El Hammam dann die Fahrt über Stock und Stein beendet. Wir mussten zur Hauptstraße zurück.



Nach einigen unnützen Umwegen haben wir nach 192 Kilometern von Fes aus Khenifra erreicht. Unser Nachtplatz vor der Polizeistation ist ruhig und gut beleuchtet. Viele Störche klappern ringsum in ihren Nestern auf Gebäuden und Bäumen.



Nach Genuss von viel süßem Minztee dürfte der Dentist genug Kunden finden. Hoffentlich sind wir als Touri wieder daheim, bevor uns die Zähne schmerzen.

Am Abend haben wir uns wieder einmal eines der "besten Restaurants am Platze" gegönnt. Mit einer vegetarischen Pizza und einem halben Huhn plus "Frits" waren wir für etwa acht Euro auch ganz gut bedient. Den Plastikkanister mit Wasser, den der freundliche Kellner aus dem Kühlschrank holte, haben wir nicht getrunken. Mir wäre ein Getränk wie eine Cola lieber gewesen. Cola stand im Eisschrank. Doch der kümmerliche Rest einer Literflasche gefiel mir nicht. Das alte Holzbrett, auf dem die Pizza kam, zeigte sich erst, als sie schon halb verzehrt war. Zum Glück - so hat mir der Anblick des urigen Holzbretts den Appetit nicht verdorben.



Als mein verwöhntes Wesen dann die Pizza von dem Brett verzehrt hatte, konnte mir der Anblick dieses mittelalterlichen Holzes auch schon nicht mehr den Appetit verderben. Mein Reisepartner Johannes verspeiste unverdrossen sein Hähnchen mit "Frits". Vor etwa ein, zwei Stunden war sein Essen sicher auch einmal heiß - auf dem Teller aber eher kühl.

Schluss mit meinem morgentlichen Gejammer, wie mich mein lieber Bruder schon per Skype ermunterte und ermahnte. Die erste Gasflasche ist leer. Ersatz dafür zu beschaffen, ist - wie alles für den Touri hier - eine Geduldsaufgabe. Doch laut Campingführer von Edith Kohlbach soll es bei Beni-Mellal ein Gaswerk geben, dass leere Flasche füllt. Die Fahrt dorthin ist wunderschön. Sie führt an einem Stausee bei Kasba Tadla vorbei. Die Strecke hat die grüne Markierung auf der Karte wirklich verdient.



Wenn man durch so wunderschöne Landschaften fährt, vergisst man für einen gesegneten Augenblick alle Politik.

Bei einer Teepause in einem kleinen Ort pausieren wir vor einem Restaurant an der Durchgangstraße. Wir bestaunen, wie der Koch mit Geduld und Geschick die Tangine im Tontopf zubereitet. Jeder Tontopf steht auf einem kleinen Holzkohlofen. Auf dem Grund bruzelt schon eine gehörige Portion Fleisch, schätzungsweise 300 Gramm. Dieses wird mit zwei, drei vollen Händen kleingeschnittener Zwiebeln bedeckt. Unter Zugabe von viel Öl und Gewürzen, Salz wird der Zwiebelhaufen über dem Fleisch mit Möhren und Kartoffeln belegt. Auch eine Tomate rundet das Kunstwerk ab, bevor der Koch dem Topf den Tondeckel aufsetzt. Das Gericht, wir saßen etwa dort ab halb Elf beim Tee, das Gericht ist dann in etwa anderthalb Stunden fertig. Der Preis dafür beträgt 50 DH, also weniger als fünf Euro.



Tangine-Tontöpfe gibt es mit Fisch, Fleisch oder auch ganz vegetarisch.



Nach etwa 130 Kilometer Fahrt von Khenifra hinter Beni-Mellal finden wir auch die Gastankstelle, wie Edith Kohlbach in ihrem Campingführer angegeben hat. Der Sattelschlepper hätte auch genug Gas für uns beide bis zum Ende der Reise. Doch ein freundlicher Mensch öffnet das Tor und meint: "Inch'Allah, Sonntag ist geschlossen. Aber morgen, am Montag, füllen wir ihre Flasche."

Nach 130 Afrika-Kilometern fühlt sich mein Fahrsoll schon reichlich erfüllt an. Ein nahegelegener Ort Afrourer kommt mir daher gelegen. Ein Bild im Reiseführer mit einem bezaubernden Wasserfall und den Koordinaten eines empfohlenen Campingplatzes verleitet mich zur Eingabe der Daten. Das Navi meint darauf, dass es noch 70 Kilometer weit sei. Schon nach wenigen Kilometern folgt die Abzweigung nach Afourer mit Hinweis auf einen Campingplatz. Aber nun sind andere Daten im Navi, dem wir also folgen müssen. Von den 70 Kilometern sollen noch 43 auf einer Straße sechster oder siebter Ordnung sein. Das wird harte Arbeit am heiligen Sonntag.



Auf dem Weg nach Ouzoud unterhält mich das Navi mit Meldungen wie "Fahren Sie Minus 12 Meter". Vor der wackligen Brücke meint es auf einer einspurigen Straße: "In 800 Meter bitte wenden". Doch die Landschaft ist gewaltig.



Wo der Müll so schön geordnet auf Halde sich sammelt, da finden selbst arme Hunde noch etwas zu fressen.



Gleich wird das Navi, kurz vor der Brücke, die kryptische Weisung ausgeben: "In 800 Metern bitte wenden."



Geschafft! Nach 223 Kilometern haben wir den Campingplatz Zebra in Ouzoud erreicht. Die Feuerwehr im Opel Blitz aus Erding ist auch schon da.



Dies Klohäuschen auf dem Campingplatz Zebra in Ouzoud hat einen Preis für bestes Design verdient.



Die letzte blendende Abendsonne bestrahlt den Wasserfall von Ouzoud. Der Affe strebt - wie der Autor - seiner abendlichen Ruhestätte zu.



Wenn Wasser in einem trocknen Land wie Griechenland oder Marokko von einem Berg fällt, dann muss man das gesehen haben.



Man hört aus dem Bild das rauschende Wasser, das in die Tiefe stürzt.

1 Kommentar:

MONAS hat gesagt…

Ich verfolge Deine Fahrt auf der Landkarte. Hochinteressant! Gehts auf die Kanaren?